Leseprobe: 1. Kapitel vom Tschilpi
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Dezämber Bsuech ufem Balkon
„Wär singt äch da wieder so schön?“, fragt sich Tschilpi, wo verschlafe zwöimal blinzlet.
Bim Rossstall näbem Palascht vom König Herodes höcklet är ufeme Balke underem Vordach.
„Scho gester am Morge, woni zum erste Mal hie erwachet bi, het e Vogel so schön gsunge, aber i gseh ne niene. Är muess da ganz ir Nächi si, vilech ufem Figeboum? I gah ga luege.“
Der Tschilpi flatteret vom Rossstalldach abe und fäcklet übere Palaschthof undere Figeboum. Es tönt chli näächer, aber är gseht niemmer im Boum hocke.
„So du chlises Fäderegstell, was gsehsch dert obe?“, fragt spöttisch e fräche Spatz wo zäme mit sine Kollege zum Figeboum chunnt cho Fuetter sueche. „Öpe vil früschi Luft?“, pfiift dä witer, „das bruchts nämlech, wil du stinksch nach Ross!“ Die andere Spatze pfiife vor lache. Der Tschilpi flatteret ufe underscht Ascht vom Figeboum und probiert sich z verstecke. Aber die Spatze fahre witer: „Chasch öpe no gar nid richtig flüge, so wie du flatterisch? Bisch überhoupt e Spatz? Ömel zu üs passisch nid. Wieso bisch eigentlech o da zum Palascht cho wohne?“, fragt der lütischt us dere Spatzeschar, „wosch öpe üs ds Fuetter cho wäg picke?“
„Nenei“, piipset der Tschilpi schüüch“, ig nime niemmerem öpis wäg.“ Wils ihn so wunder nimmt, getrout är sich z frage: „Wüsst dihr, wär dass da so schön singt?“
„Was?“, pfiift en andere vo de fräche Spatze, „schön seisch du däm Luftröhregedudel? Närvig isch das! Jede Morge und jede Aabe schmätteret dä Vogel sini usländische Lieder übere Palaschthof! Das isch irgend so e Mehbessere wo meint, nume wäge sine blaue Fädere sig är öpis Bsundrigs. Är wohnt ime goldige Näscht dert obe ufem Balkon vom Palascht und ds Frässe heter imene silberige Gschirli wo me nidemal öpis cha drus stibitze!“, pfiife die fräche Spatze alli dürenand und flüge de wäg, übere zum Palaschtgarte.
Der Tschilpi blibt versteckt ufem Figeboum höckle und lost em Gsang vo däm bsundrige Vogel zue, bis ds Lied fertig isch. „Ig wett unbedingt dä blau Vogel ga luege“, dänkt är und flatteret ufene höchere Ascht ufe. De no eine höcher und de bis ganz z oberscht ufe Figeboum ufe. Vo dert wärs gar nid so wit bis zum Balkon übere. Der Tschilpi wärweiset und hüpft ufem Ascht hin und här, hocket wieder still, hüpft wieder chli - der ganz Tag brucht är bis är si Muet binenand het. D Sunne geit scho gli under, won är de doch vom Figeboum zum Balkon am Palascht übere flatteret. Dert stüret är ds steinige Gländer aa und landet. Är hets gschafft! Mit schlötterlige Bei höcklet är ab.
„Bi mir chasch keis Fuetter cho stibitze und cho uslache bruchsch mi de o nid!“, pfiift e blaue Vogel hässig em Spatz zue.
„Das wotti o gar nid“, seit der Tschilpi und erklärt: „Mi het wunder gnoh, wär dass da so schön cha singe und drum bini da ufe gfloge. Bisches du gsi?“
„Ja, hüt am Morge hani gsunge und jetz isches bald Zit für e Aabegsang“, seit der blau Vogel no immer chli misstrouisch.
„Und du hesch ja würklech es goldigs Näscht!“, stuunet der Tschilpi.
„Das isch keis Näscht, sondern e Chäfig“, erklärt der blau Vogel, „ig bi iigsperrt.“
„Du chasch da gar nid use?!“, fragt der Tschilpi betroffe.
„Nei, ds Türli isch fescht zue und zwüsche de Stäb düre mani nid,“ erklärt der blau Vogel.
„Oh“, piipset der Tschilpi, „de chasch ja gar nid richtig flüge!“
„Nei, weni flattere schlahni grad aa. Uf ds Stängeli ufe und wieder abe hüpfe, das isch alls woni cha, süsch machi mir weh“, seit der blau Vogel und verzellt: „Derbi wetti so gärn äntlech wieder richtig chönne flüge. Weisch, ig chönnt mit es paar chräftige Flügelschleg höch ufe und när ganz lang und wit sägle. Höch über de Husdächer, über de Böim und de Fälder, bis zu de Bärge und sogar no drüber übere. Z gspüre wie d Luft mi treit und i d Wiiti z gseh, das isch so schön, so liecht, so frei...“ Der blau Vogel überchunnt e wehmüetige Blick, süfzget, laht sis Chöpfli lah hange und seit liislig: „Und jetz bini so wit furt vo daheime, igsperrt und eleini“.
„Ig bi o eleini“, seit der Tschilpi, aber wenn du iverstande bisch, chumeni no meh zu dir z Bsuech.“
„Das wär schön“, seit der blau Vogel, „ig ha gar nid gwüsst, dass es o fründlechi Spatze git.“
„Aber so guet flüge wie du chani nid“, piipset Tschilpi.
„Das spilt doch kei Rolle“, seit der blau Vogel und der Tschilpi verzellt: „Bis zu dir ufe Balkon isch z allerhöchischte woni je ufe gfloge bi, mir fählt drum chli z Getroui.“ De wächslet är ds Thema und fragt: „Hesch du ds Frässe dert i däm silberige Gschirrli?“
„Ja“, seit der blau Vogel und verzellt: „Am liebschte frisseni Mugge und Flöige, aber weni keini verwütsche, bini froh um die Samechörndli und ds Wasser woni überchume. Wo findsch de du albe öpis zum Picke?“ Bevor dass der Tschilpi cha verzelle, geit der Balkonvorhang uuf und e Dienerin chunnt miteme dunkelbruune Tuech ir Hand veruse.
„Schnäll, flüg wäg!“, rüeft der blau Vogel närvös.
„Tschilp!“, piipset der Tschilpi ganz erchlüpft, laht öpis schwarzwisses, nasses uf ds Balkongländer la gheie und flatteret ufgregt übere zum Rossstall. Dert höcklet der Tschilpi erliechteret und froh a sis Schlafplätzli underem Vordach und lost, wie der blau Vogel ufem Balkon singt:
„Chliine Spatz, luschtige Fratz
chum doch morn de wieder zu mir
und verzell mir de, verzell mir de
no chli meh, no meh vo dir!“
Wo ds Lied fertig isch, leit d Dienerin das dicke, dunkle Tuech übere Vogelchäfig. Es hanget bis ufe steinig Sockel abe. Eso zuedeckt merkt der blau Vogel de nid, wenn d Sunne am Morge ufgeit und singt sis Morgelied ersch denn, wenn d Prinzässin erwachet isch und d Dienerin ds Tuech wieder ab em Chäfig gno het.
„Ja, tschilp! ja“, piipset der Tschilpi em blaue Vogel zrügg, „ig chume de morn wieder zu dir z Bsuech!“ Är leit sis Chöpfli undere Flügel und schlaft glücklech ii.